Wenn die Idee für das nächste Kartenspiel gereift ist, dann steht auch bald der erste Test eines Prototypen an. Auch dieser will gebastelt sein. Hierzu genügt zunächst schlichter Karton. Die benötigten Inhalte und Illustrationen können auf Papier gedruckt und anschließend auf die Pappe geklebt werden. Bilder gibt es im Internet zu Genüge und solange das Spiel den privaten Raum noch nicht verlässt, dürfen diese auch guten Gewissens ausgedruckt werden. Die Illustration des Spiels sollte ohnehin erst beginnen, wenn inhaltlich alles so gereift ist, wie man sich das wünscht.
Gut ist es für einen Spieleerfinder, wenn er sich regelmäßig mit anderen Spielern trifft. Genau genommen sollte das eine unverzichtbare Voraussetzung für das Erfinden von Spielen sein. Denn wer selbst nicht spielt, wird wohl auch kein glaubwürdiger Spieleerfinder sein. Der Test eines neuen Kartenspiels sollte auch nicht zum Laborversuch werden, die Spieler wollen ihren Spaß haben und einen launigen und geselligen Abend erleben. Der Spieletest sollte also nicht zur Arbeit werden, sondern vergleichbar sein mit Spieletreffen, bei denen ein bereits veröffentlichtes Spiel auf dem Tisch liegt. Und so sollte der Spieleerfinder auch nicht damit rechnen, dass nur konstruktive Vorschläge gesammelt werden. Auch mit Scherzen über die handwerkliche Qualität des Prototypen sollte der Spieleautor leben können. Nicht jeder Kommentar muss am Ende in das fertige Produkt einfließen.
...dann muss das noch lange nicht bedeuten, dass das Spiel auch bei der zweiten Runde funktioniert. Wenn der Zufallsfaktor eine Rolle spielt (und das ist bei Kartenspielen fast immer der Fall), dann kann eine Spielrunde plötzlich ganz anders verlaufen als vorher. Was einmal in zehn Minuten durchgespielt werden kann, braucht in einer anderen Konstellation plötzlich eine gute Stunde. Was einmal rund läuft, kann in der nächsten Runde plötzlich ins Stocken geraten. Ja, es gibt sogar Situationen, in denen überhaupt nichts mehr läuft: Das Spiel tritt auf der Stelle und wird unlösbar. Und solche Situationen treten nicht notwendigerweise schon beim ersten Test auf.
Wer es als Spieler normalerweise gewöhnt ist, selbst zu entscheiden, was er denn spielen will, der ist auch nicht immer erfreut zu hören, wieder Teil der neuen Testrunde zu sein. Wenn in den Regalen eine große Auswahl an interessanten Spielen steht, dann mag es wenig einladend sein, immer wieder das selbe Spiel anzutesten, nur weil einer der Teilnehmer sich gerade wieder einmal als Spieleerfinder versteht. Wenn es der Spieleautor mit seinem Übereifer, die Mitspieler zu einer neuen Testrunde zu bewegen übertreibt, dann fällt am Ende die Bewertung des Spiels auch entsprechend negativer aus. Auch im normalen Alltag anderer Spielegruppen steht nicht immer das selbe Spiel auf dem Tisch.
Wenn ein neues Spiel schon recht ?rund? läuft, dann wird es um so schwieriger, Veränderungen vorzunehmen. Denn jedes Drehen an den Stellschrauben kann dann bedeuten, dass das Konzept wieder aus den Fugen gerät. Es ist auch nicht immer sinnvoll, das Spiel immer weiter auszubauen. Aus einem klaren Konzept kann so am Ende ein Konstrukt werden, das nicht mehr verständlich ist. Und so manche gute Idee muss dann zunächst wieder in der Schublade verschwinden. Und das auch dann, wenn sie von einem motivierten Testspieler kommt, der sich darüber freut, sich in die Entwicklung einzubringen. Doch eine gute Idee, die heute zu den Akten gelegt wird, kann vielleicht schon morgen verwirklicht werden. Und zwar spätestens dann, wenn an einer Erweiterung zu einem erfolgreichen Kartenspiel gebastelt werden soll.